Mein Name ist Sigrid Moser, ich bin ursprünglich aus Südtirol und lebe derzeit in Innsbruck. Ich arbeite bei "pro mente" in Schwaz

Grundprinzip persönliche Recovery:

Woran wir glauben sollen?

An uns selbst. Nicht dran, dass uns ein Dienst rettet, ein Mensch in unserem Umfeld, nicht irgend ein Weltbild wird uns retten, oder unser Partner. Wir selbst sind unseres Glückes Schmied.
Aber nein, nein, nein, fangen wir von vorne an.
Als ich meine größte Krise hatte in meinem Leben, war ich schwer psychotisch. Ich habe meine Medikamente abgesetzt und dann war in meinem Kopf die Hölle los. Ich war extrem depressiv und grübelte, hätte ich klar denken können, hätte ich gedacht es geht nicht mehr weiter.
Und dann war der Gedanke aus dem Nichts da: 
Du musst hoffen. Aus dem Stehgreif, in einem Kreislauf von negativen Gedanken und negativen Gefühlen, die mich übermannt haben, war der Gedanke da, das ich hoffen müsste, Aber nicht nur muss, sondern hoffen wollte.

Recovery in der Psychiatriebewegung heißt, Hoffnung als Grundbedingung von Entwicklung und Gesundung zu haben, nicht Zweckoptimismus, sondern Hoffnung.
Man kann es sich so vorstellen: Wenn du versuchst gesund zu werden, auch mit einer psychischen Erkrankung, dann lernst du Gefühle anders zu bewerten. Es geht nicht mehr um schlechte und gute Gefühle, es gibt nur Emotionen, die einen überschwemmen können. Diese solltest du nicht wegdrängen, damit sie dann noch irgendwoher, aus der Unsicherheit des Unterbewusstseins hervortreten, und du ihnen noch viel mehr ausgeliefert bist. Einfach einmal Gefühle spüren, sie nicht bewerten. Ein langer Weg, doch wirklich möglich.
Recovery bedeutet aber auch, an sich zu glauben. Der Spruch der besagt: Die Person, die ich heute bin, möchte der Person sagen, die ich vor fünf Jahren war, danke, dass du nicht aufgegeben hast, du bist wunderbar, kann dir einfach eine Stütze sein. Wenn man vom Gedanken ausgeht, dass man seine Lebensgeschichte und seine Fehler akzeptieren soll und kann, kann man auch zurückschauen und sagen: Ja ich war stark, und ja ich habe viel erreicht und viel geschafft. Ich war es, die oder der weitergemacht hat und die oder der sich für die Dinge bewundern kann, die sie oder er ausgehalten hat und sich verändert hat. Ich habe viel erreicht, auch wenn es sehr schwierig war. Mit
diesem Bewusstsein, kann Jeder und Jede an eine Zukunft glauben, zu Wissen ich finde einen Weg zu einem Ziel das ich haben möchte. Wenn ich hoffe, habe ich dann vielleicht auch das Glück, dass ich einen Sinn habe im Leben, vielleicht ein Kind, eine Arbeit, vor allem aber mich selbst und Freude am Leben.
Wenn diese alle Dinge gegeben sind, dann, ja dann kann Recovery gelingen.
Kennt ihr den Begriff: Eierlegende Wollmilchsau? Alles muss man können, alles muss man wissen, alles muss man schaffen. Ich habe aus dem Konzept Recovery gelernt, dass ich auch Schwächen haben darf, und diese mir erlauben kann. Wieso soll ich alles können, wissen und wollen, Schlichtweg unfehlbar sein? Das wäre ja langweilig, und ich würde niemanden mehr brauchen. Vielleicht ist es ja gerade meine Stärke, nicht alles zu können, dann muss ich ja mit Menschen arbeiten und in Kontakt treten. Ich mag das.
Vazlav Havels Spruch zum Thema Hoffnung meint vereinfacht gesagt, dass Hoffnung nicht bedeutet, das man weitermacht, in Erwartung auf ein Happy End, man macht weiter, weil etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht. Camus sagt sinngemäß , dass man kann aufgeben oder sich einen Kaffee machen kann. Manche Menschen sagen, am Ende
ist alles gut, und wenn nicht alles gut ist, ist nicht das Ende. Manche Menschen sagen, es ist nicht wichtig im Leben die Richtige Lampe zu finden, sondern das Licht in dir. Wir Südtiroler sagen zu diesen ganzen Zitaten und Sprüchen: 
Wert schun passen.
Alle diese Prinzipien sind Prinzipien aus EX- IN und Recovery, die wir zukünftigen Genesungsbegleiter irgendwie schon wussten und mittels unserer Ausbildung vertieft haben. Durch diese Grundhaltung wollen wir Menschen in Krisen begleiten, in Ihre neue Lebenswelt wieder ausstattet mit Hoffnungen, Zielen und Sinn. Wir warten dort.